Dienstag, 3. April 2018

Sonnenaufgang und Offroad in der Wüste

Um 5:30 Uhr klingelt Dirks Wecker. Er will den Sonnenaufgang erleben. Während die anderen noch tief und fest schlafen, macht er sich auf den Weg zu einem nahen Dünenkamm. Es wird langsam heller, aber vom Sonnenball ist noch nichts zu sehen. Sorgen Wolken vielleicht dafür, dass das Himmelsspetakel heute ausbleibt? Auf zwei anderen Dünenkämmen sitzen auch kleine Gruppen.

Gegen 6:10 Uhr erscheinen plötzlich ovale Formen im dem Dunst des Horizonts. Der glühende Planet gewinnt an eindeutiger Form und Helligkeit. Ziemlich schnell geht die Sonne jetzt auf über den Wahiba Sands.



Wenn man Zeit hat wie jetzt und in Ruhe auf die von leichten Einkerbungen des Nord-Südwindes geprägten Sandberge schaut, entdeckt man immer mehr interessante Details. Zum Beispiel spuren wie diese:



Sie ziehen sich Hunderte von Meter durch die Dünen, von unten schräg hoch über einen Kamm bis zu Dirks Sonnenaufgangs-Fotoposition und auf der anderen Seite wieder herunter. Oder man entdeckt kleine Käfer, die auf der Oberfläche herumlaufen und sich dann schnell wieder eingraben in die Tiefen des Sandes. Die Wüste lebt!

Zurück im Camp, macht Dirk noch eine halbe Stunde Nickerchen, dann räuspern sich gegen 7 Uhr die Ersten in den Zelten und Autos. Allgemeines Aufwachen in der Wüste. Jetzt wird schnell gepackt, solange es noch etwas kühler ist. Mit jeder Minute steigt das Thermometer. Danach gibts Frühstück mit frisch gebrühtem Kaffee, Fladenbrot mit Schmelzkäse, Tomaten, Thunfisch - oder Nutella.

Jetzt kommt alles Gepäck in die Zelte und wir starten um kurz nach 9 Uhr zur Offroadtour mit den Jeeps. Nur wenige hundert Meter vom Camp entfernt geht's los. Im Autoradio läuft der Sender „Radio Sawt Oman“ mit arabischem Singsang.



Erst darf Maik, dann Dirk durch die Sandpisten heizen, Dünenkämme mit Vollgas durchpflügen, Abhänge von der Kategorie schwarze Skipiste langsam mit untersetztem Getriebe kontrolliert abfahren oder sich nach dem Festfahren im Sand mit gesperrter Hinterachse rückwärts wieder freischaufeln. 





Die Zwei haben einen Mordsspaß. Roli grantelt und schimpft auf dem Beifahrersitz, meist zum Spaß, manchmal auch im Ernst. Zum Beispiel als Dirk eine Dünenkuppe nicht ganz erwischt und plötzlich quer zum gefühlt 35 Grad schrägen Hang steht mit dem Jeep. Roli überlegt einen kurzen Moment auszusteigen, bevor das Auto die Düne herunterkullert. Aber auch hier helfen die Getriebeuntersetzung, gesperrte Achse und der Rückwärtsgang, um wieder in die Horizontale zu kommen. Aufatmen im Auto. Dem nahen Tod in der omanischen Wüste gerade nochmal entkommen. 



Josi dürfte auch fahren (von allen anderen ist kein Führerschein hinterlegt), aber er will nicht, hat offenbar zuviel Respekt vor dem inzwischen glühend heißen Wüstensand als Fahrpiste. Am späteren Nachmittag auf den normalen Straßen übernimmt er dann aber mal das Steuer von Maik.



An einem besonders steilen Dünenabhang versucht sich eine andere Gruppe im Sandboarding.





Gegen 11 Uhr wird's zu heiß zum Fahren. Wir machen uns zurück zum Lager, packen die Autos, was immer ein bisschen wie das Computerspiel Tretis anmutet, um genau das richtige Stück für die entstandene Lücke zu finden.



Nächste Station ist ein traditioneller Arish, ein Gebäude aus Dattelpalmzweigen, das die Bedus zur semitemporären Nutzung bauen. Es beschattet maximal und lässt trotzdem Luft durch die Wände. Die Bedus sind die Bewohner am Rande der Wüste, vergleichbar mit Almbauern, die im Winter oft bei ihren Tieren (Kamelen, Ziegen) in der Wüste leben, im Sommer bei der unmenschlichen Hitze von bis zu 60 Grad dann im Dorf. Wir trinken dort einen Kaffee und essen Datteln.



Jetzt geht es auf die Schnellstrasse, gut zwei Stunden bis zu unserem heutigen Quartier in Nizwa.

Wir machen gegen 14 Uhr einen kurzen Fotostopp in Al Rawdhah und schauen uns die kleine, gut erhaltene Burg an.



Wir haben einen schönen Ausblick auf die Stadt und die Palmenhaine. 




Ein netter Führer, der mit seinem Adjudanten laut Gästebuch im Schnitt alle drei Tage mal zwei, drei Gäste begrüßt, führt uns stolz durch alle Räume. Zum Schluss spendieren sie uns kühles Wasser.

In allen öffentlichen und vielen privaten Gebäuden (auch hier in der Burg) hängt das Porträt des Sultans von Oman, Qabus ibn Said. 



Er ist seit 1970 im Amt. Zuvor hatte er seinen Wehrdienst unter anderem bei der britischen Rheinarmee absolviert und war sieben Monate in Minden stationiert. 

Auf den Thron kam er durch eine dramatische Absetzung seines Vaters. Mit Hilfe eines jungen Scheichs sollte der Putsch unblutig ablaufen, doch war Vater Sultan Said ibn Taimur nicht ohne weiteres bereit, aufzugeben. Obwohl er von den meisten seiner Gefolgsleute verlassen war, versuchte er einen letzten verzweifelten Widerstandsversuch. Er zückte seine automatische Pistole und schoss wild um sich. Dabei wurde der Scheich in den Schenkel getroffen. Nachdem der Vater sein Magazin leer geschossen hatte, versuchte er nachzuladen. In einem Zustand der Aufregung schoss er sich dabei selbst in den Fuß und beendete so die Auseinandersetzung. Danach fügte er sich seinem Schicksal und unterzeichnete die Abdankungsurkunde. Später starb er im Exil in London.

Die Omani verehren ihren Sultan, obwohl er die monarchistische Diktatur mit strenger Hand führt und als Sultan gleichzeitig Regierungschef, Außen- und Finanzminister und Oberbefehlshaber der Armee und eines der effektivsten Geheimdienste ist und damit eine Machtfülle hat wie kaum ein anderer Herrscher. Allerdings gilt er als liberaler Muslim und hat das Land früh geöffnet.

2014 war er schwer an Krebs erkrankt und wurde in Deutschland behandelt. Nicht erst, seitdem er nach acht Monaten zurückkam und eigenen Fußes die Gangway seines Flugzeuges emporstieg, verehren die Omanis Deutschland. Ihr Sultan hat auch seit den achtziger Jahren ein Feriendomizil in Garmisch-Partenkirchen: eine zur Luxusresidenz umgebaute Almhütte an der Maximilianshöhe am Fuße des Kramer. Inzwischen hat er dort auch ein Ärztehaus nur für sich errichtet - und zieht bei Besuchen nicht nur seine Crew von rund 200 Personen mit in den berühmten Ferienort: Mit fast 50.000 Übernachtungen sind die Araber inzwischen die wichtigste ausländische Gästegruppe in Garmisch.

Gegen 15:30 Uhr kommen wir nach einer schönen Fahrt durch mondlandschaftartiges Gelände in Nizwa an, einer rund 100.000 Einwohner großen Stadt und unserem Domizil heute Nacht.



Nizwa ist das Zentrum des omanischen Kernlandes. Die Oasenstadt liegt am Südrand des Hadschar-Gebirges nahe dem Dschabal-al-Achdar, dem höchsten Bergmassiv Omans, etwa 180 km von der Hauptstadt Maskat entfernt. Nizwa war immer ein politisches und religiöses Zentrum Omans. Im Jahre 751 wurde der erste Iman der Ibaditen gewählt, deren muslimische Richtung bis heute Staatsreligion ist (also weder Schiiten noch Suniten, welche Oman auch als neutral und die „Schweiz“ des Nahen Ostens gilt). Bis der Vater des heutigen Sultan 1955 mit Hilfe der Briten die Herrschaftsgewalt über das Landesinnere errang und erstmals Nizwa besuchte, war Nizwa die Hauptstadt des ibaditischen Imamats Inner-Oman. Bis dahin durfte kein Andersgläubiger die Stadt betreten.



Das Hotel ist sehr schön, aber zunächst „leckt“ das Wlan, dann gibt es einen Feueralarm. Beides endet aber schnell und glimpflich. Der Alarm wird nach wenigen Sekunden als Fehler geouted und das Wlan nach einiger Zeit erfolgreich neu gestartet.

Um kurz nach 18 Uhr treffen wir uns und gehen in den Obst- und Gemüse-Souq, probieren die kleinen süßen Bananen, die Christine mitnimmt zum Desert nach dem Abendessen. Anne und Maik kaufen sich omanische Süßigkeiten.





Wir fahren mit dem Auto zurück zum Hotel und essen auf der Terrasse bei wunderbar warmer Abendluft das bisher leckerste Essen des Urlaubs. Christine bestellt gemischte Vorspeisen, gemischte Grillplatte, Fladenbrot, Humus und andere Leckereien, die wir zusammen mit selbstgemachter Minz-Limetten-Limo genießen.


So geht ein weiterer schöner Tag zu Ende. Morgen fahren wir hoch in die Berge.

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